Einführung in die Lexikografie

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Die folgende Seite unterstützt dich dabei, selbst Wörterbuchartikel im Denktionary zu verfassen, also selbst als Lexikografin oder Lexikograf tätig zu werden. Als Lexikografie bezeichnet man die Disziplin, die sich mit dem Erstellen von Wörterbüchern beschäftigt. Unter Lexik versteht man den Wortschatz einer Sprache. Lexikologie ist die Wissenschaft, die den Wortschatz erforscht und beschreibt.

Es folgt eine kurze Einführung in die Grundlagen der Lexikografie sowie in die verschiedenen Angabeklassen in den Wörterbuchartikeln im Denktionary.

Enzyklopädie und Wörterbuch

  • sowohl Enzyklopädien (oder Lexika) als auch Wörterbücher sind Nachschlagewerke
  • beide enthalten also Informationen zu einer bestimmten Auswahl von lexikalischen Einheiten (z. B. Wörtern) oder begrifflichen Einheiten
  • die Einheiten sind dabei auf eine bestimmte Weise angeordnet, damit Nutzerinnen und Nutzer möglichst schnell auf die Informationen zugreifen können
  • Enzyklopädien und Wörterbücher unterscheiden sich nach der Art der Informationen, die sie enthalten

Sprachwissen und Sachwissen

  • Wörterbücher enthalten sprachliches Wissen über die Einheiten (also z. B. Informationen darüber, wie ein Wort geschrieben oder ausgesprochen wird, was es bedeutet, welche grammatischen Eigeschaften es besitzt und mit welchen anderen Wörtern es typischerweise kombiniert wird)
  • Enzyklopädien beinhalten hingegen Sachwissen über den Gegenstand (also z. B. Informationen über das Vorkommen, die Herkunft, die Herstellung, die Verwendung oder die gesellschaftliche Bedeutung eines Gegenstandes)
  • allerdings beziehen Bedeutungserläuterungen in Wörterbüchern häufig sachliches Wissen mit ein:
Abbildung aus: Engelberg, Stefan/Lemnitzer, Lothar (2009): Lexikographie und Wörterbuchbenutzung. 4. überarbeitete und erweiterte Auflage. Tübingen: Stauffenburg. (Stauffenburg Einführungen, Bd. 14).


















Unterschiedliche Wörterbuchtypen


  • Wörterbücher lassen sich nach verschiedenen Kriterien in unterschiedliche Gruppen einteilen, die Kriterien können z. B. sein, dass
- das Wörterbuch überwiegend einem bestimmten Zweck dient (z. B. ein Übersetzungswörterbuch),
- sich das Wörterbuch an eine bestimmte Benutzergruppe richtet (z. B. ein Lernerwörterbuch),
- die im Wörterbuch enthaltenen Einheiten bestimmte Merkmale aufweisen (z. B. Fremdwörterbuch oder Abkürzungswörterbuch),
- im Wörterbuch nur bestimmte Informationen zu den enthaltenen Einheiten gegeben werden (z. B. Synonymenwörterbuch, Aussprachewörterbuch)
  • neben diesen Spezialwörterbüchern gibt es auch Allgemeinwörterbücher, die umfassende Informationen zu einer möglichst großen Anzahl an Einheiten enthalten

Zwei Forschertypen


Wie kommen Lexikografinnen und Lexikografen aber nun zu den Informationen, die sie in die Wörterbuchartikel schreiben? Das unterscheidet sich nicht vom Vorgehen in anderen Bereichen der Sprachwissenschaft. Grundsätzlich kann man zwei verschiedene Herangehensweisen und damit zwei Typen von Forscherinnen und Forschern unterscheiden:

Die Denkerin oder der Denker
corpus-based
Die Beobachterin oder der Beobachter
corpus-driven
  • verbringt die meiste Zeit im Sessel und denkt nach
  • Arbeitsplatz ist der Computer mit Ausrichtung auf authentische Sprache
  • sie oder er denkt sich Sätze aus, die im Rahmen der eigenen Sprachtheorie möglich sind, und lässt kompetente Specherinnen und Sprecher der Sprache über die Wohlgeformtheit dieser Sätze urteilen ("Sagt man das so?")
  • je mehr Daten, desto besser
  • aus den Ergebnissen zieht die Denkerin oder der Denker dann Schlüsse über die Grammatik dieser Sprache und die zugrundeliegende Sprachtheorie
  • die entwickelten Theorien stützen sich auf die Beobachtung dieser Daten
  • entscheidend ist also das Sprachgefühl und Sprachwissen kompetenter Sprecherinnen und Sprecher
  • Aussagen und Hypothesen werden durch immer neue Daten bestätigt oder verworfen
  • die Denkerin oder der Denker ist an alltäglichen Äußerungen nicht interessiert
  • die Beobachterin oder der Beobachter möchte ein möglichst vollständiges Bild gewinnen, deshalb ist für sie oder ihn der alltägliche Sprachgebrauch interessant


Im Rahmen der modernen Korpuslexikografie überwiegt beim Verfassen von Wörterbuchartikeln die Rolle der oder des Beobachtenden. Allerdings gibt es durchaus Situationen, in denen man als Lexikografin oder Lexikograf ganz gezielt in die Rolle der Denkerin oder des Denkers schlüpft. Denn auch und gerade beim Arbeiten mit Korpora sollte man die eigene Sprachkompetenz nie "abschalten".

Die Angabeklassen im Denktionary

Grammatische Angaben

  • Wortartenangabe: Substantiv, Verb, Adjektiv oder Adverb
  • Genus (Geschlecht) bei Substantiven
  • Formentabelle (Adjektiv: Steigerungsstufen, Verb: wenige Formen, Substantiv: vollständig) und Link
  • immer auszufüllen (Belege und besondere Beobachtungen speichern – kommen in die Materialsammlung)

Flexionstabelle Verb

Person Wortform
Präsens ich ...
du ...
er/sie/es ...
Präteritum ich ...
Konjunktiv II
(Präteritum)
ich ...
Imperativ Singular ...
Plural ...
Perfekt Partizip II Hilfsverb
... ...

Flexionstabelle Adjektiv

Positiv Komparativ Superlativ
... ... ...

Flexionstabelle Substantiv

Substantiv, m / f / n

Singular Plural
Nominativ ... ...
Genitiv ... ...
Dativ ... ...
Akkusativ ... ...

Worttrennung

  • Stichwort, z.B. endgeil
  • bei Adjektiven ist zusätzlich die Trennung der Steigerungsstufen immer anzugeben
  • Beispiel endgeil:






Bedeutungsangaben

  • Aufteilung in Einzelbedeutungen (Lesarten): eine oder mehrere
  • Formulierung der Bedeutung (Definition): Umschreibung als Wortgruppe (keine ganzen Sätze)
  • schwierigste Angabe
  • immer anzugeben
  • Aufteilung in Einzelbedeutungen ist Voraussetzung für Zuordnung der anderen Angaben
  • Formulierung der Bedeutung: Entwurf, immer wieder umformulieren
  • Beispiel erliegen:






  • Beispiel endgeil:






Synonyme und Gegenwörter

  • bedeutungsähnliche und bedeutungsgegensätzliche Bezeichnungen
  • Rückbezug auf z. B. Duden-online (http://www.duden.de) und/oder die Kookkurrenzliste möglich, dann in COSMAS II Suche nach passenden Belegen
  • getrennt nach Lesarten (siehe unten [1] und [2]; zu erliegen)
  • nicht immer vorhanden (vor allem Gegenwörter)
  • wenn möglich, bitte belegen (Belege in Materialsammlung)
  • Ist es wirklich ein Beleg für diese Beziehung?
  • Beispiel erliegen:









Oberbegriffe und Unterbegriffe

  • Rückbezug auf Kookkurrenzliste möglich, dann in COSMAS II Suche nach passenden Belegen
  • eher seltener anzugeben
  • wenn möglich, bitte belegen (Belege in Materialsammlung)
  • Ist es wirklich ein Beleg für diese Beziehung?
  • Orientierung am Wiktionary – Zusammensetzungen mit Stichwort als Zweitglied als Unterbegriffe möglich (Substantive)
  • In diesen Fällen Überschneidung mit Wortbildungsangaben
  • Beispiel Schmalspur:













Beispiele

  • ganze Sätze und Quelle (Belege aus COSMAS II; können über die Kookkurrenzliste oder die Trefferansicht aufgefunden werden)
  • getrennt nach Lesarten (siehe unten [1]; Beispiele zu endgeil)
  • mindestens 3 pro Lesart
  • Format: Stichwort kursiv, Quellenangabe klein
  • immer anzugeben

Was ist ein gutes Beispiel?

  • Einzelbeleg:
    • Stichwort selbst muss enthalten sein
    • vollständige Sätze
    • keine zu langen Sätze
    • gut verständlich und korrekt
    • stilistisch neutral (außer bei stilistisch markiertem Wort)
    • ohne Bezüge auf Vorheriges
  • alle Belege zusammen:
    • möglichst breites Spektrum an Quellen (Zeitpunkt, Region)
    • Bedeutung breit abdecken

Charakteristische Wortverbindungen

  • zwei- oder mehrteilige lexikalische Einheiten
  • können auf der Basis der Kookkurrenzen (siehe Kookkurrenzliste) erarbeitet werden
  • getrennt nach Einzelbedeutungen
  • Sortierung nach Komplexität
  • Verben auf Infinitive zurückführen
  • immer anzugeben
  • Beispiel erliegen:
Charakteristische Wortkombinationen:
[1] den Verletzungen erliegen, einem Krebsleiden erliegen, einer Seuche erliegen, seinem Leiden erliegen, seinen Verwundungen erliegen, den Folgen einer Krankheit erliegen
[2] dem Charme von etwas/jemandem erliegen, der Faszination von etwas/jemandem erliegen, den Verlockungen erliegen, dem Zauber von etwas/jemandem erliegen, dem Werben von
jemandem erliegen, dem Sog von etwas erliegen, den Reizen von etwas/jemandem erliegen, der Illusion erliegen, dem Reiz von etwas/jemandem erliegen, dem Lockruf von
etwas/jemandem erliegen, der Gefahr erliegen, etwas zu tun, einer Versuchung erliegen, einem Irrtum erliegen, einer Verführung erliegen, einem Irrglauben erliegen, einem
Trugschluss erliegen, einer Täuschung erliegen, einer Selbsttäuschung erliegen, einer Fehleinschätzung erliegen

Wortbildung

  • die ca. zehn häufigsten Wortbildungsprodukte
  • Komposita mit Stichwort an 1. Stelle (Stichwort-, z. B. Shitstorm-Opfer), Stichwort an 2. Stelle (-Stichwort, z. B. Internet-Shitstorm) oder [Stichwort in der Mitte (-Stichwort-)]
    • Ableitungen (z. B. Shitstormer)
    • alphabetisch sortiert
    • Achtung bei Verben, wenn Endungen (-en) wegfallen oder sich Stammvokale ändern (z. B. abhängen)
  • Beobachtungen zur Gebildetheit des Stichwortes oder zur Reihenbildung einzelner Elemente (Beispiel endgeil kommt eher selten vor)
  • nicht immer anzugeben, Nachweise in Materialsammlung (Trefferanzahl)
  • Beispiel Shitstorm:
Wortbildungen:
Internet-Shitstorm, Shitstorm-Opfer, Shitstormer, Facebook-Shitstorm, Twitter-Shitstorm, Dauershitstorm, Shitstorm-Paket, Online-Shitstorm, Shitstorming, Shitstorm-Interpret, Sexismus-Shitstorm, Shitstorm-Soldat